Wasserstoff gilt als einer der größten Hoffnungen der Energiewende. Allerdings ist es bis heute schwierig, grünen (also klimafreundlichen) Wasserstoff herzustellen. Schweizer Forscher haben jedoch jetzt herausgefunden, dass Hydrogen auch aus Biogas und Gülle hergestellt werden kann. Durch ein spezielles chemisches Verfahren haben die Wissenschaftler in einer Demonstration 75 % reinen Wasserstoff hergestellt, das sogar billiger sein soll als der traditionelle Herstellungsweg.
Neues Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff
Auch wenn Wasserstoff als wichtiger Energieträger der Zukunft gesehen wird, ist es bis heute nicht in großem Maße möglich, den Stoff umweltneutral herzustellen. Meist wird er heute mithilfe von fossilen Brennstoffen hergestellt und muss danach aufwendig kompensiert werden, um seine flüssige Form zu erreichen. Dabei kostet sowohl die Herstellung, als auch die Aufbewahrung des Treibstoffs, viel Energie.
Eine alternative Herstellungsmethode hat ein Team von Forschern um Viktor Hacker von der TU Graz, mithilfe des Start-Ups Rough H2 Engineering jetzt vorgestellt. Durch ihre sogenannte „Chemical-Looping Methode“ kann Hydrogen aus Biogas, Gülle oder Biomasse hergestellt werden. Schon in der Vergangenheit hatte das Verfahren einige Preise gewonnen. Jetzt konnte die Forschergruppe in einer der weltweit größten industrienahen Demonstrationsanlagen, direkt aus einer Biogasanlage reinen Wasserstoff herstellen. Sie nutzen dazu die Biogasanlage der Ökostrom Mureck GmBH.
Hacker äußerte sich in einer Pressemitteilung der TU Graz zu der Demonstration: „Wir konnten darstellen, dass ein Chemical-Loop-System direkt in ein bestehendes Biogaskraftwerk integriert werden kann. Hochreiner Wasserstoff für Brennstoffzellen wird aus echtem Biogas hergestellt, und zwar nicht nur im Labor, sondern tatsächlich im industriellen Maßstab.“
Die Demonstrationsanlage, welche von Rough H2 Engineering und der TU Graz gebaut wurde, wird bis Ende Oktober zu Testzwecken in Betrieb sein. Dabei werden ca. 1 % des Biogases aus dem Kraftwerk abgeleitet und mit Dampf vermischt. Das Gemisch wird in den Reaktor geleitet, wo das Synthesegas entsteht. Durch chemische Prozesse um die Reduktion und Oxidierung von Eisenmolekülen, wird dabei Wasserstoff hergestellt, der Tests zu Folge 99,998 % Reinheit aufweist.
Verfahren bereit für industrielle Anwendung
In dem Verfahren konnten die Wissenschaftler einen Wirkungsgrad von 75 % messen. Rouge H2-Projektleiter Gernot Voitic äußerte sich dazu in der Mitteilung und wirbt um neue Kunden: „Wenn wir statt des einen Prozents den gesamten Biogasstrom der Murcker Biogasanlage (rund 480 Kubikmeter pro Stunde) durch eine entsprechend hochskalierte Chemical-Looping-Anlage leiten würden, kämen wir sogar auf eine 3-Megawatt-Wasserstoffproduktionsanlage. Damit ist die Technologie reif für den kommerziellen Einsatz. Wir können auch dezentral aus echtem Biogas in großem Maßstab Wasserstoff erzeugen. Dazu brauchen wir nur noch ein wenig Platz für unsere Anlage. Wir sind daher ab sofort offen für Aufträge aus der Biogasbranche.“
Die dezentrale Anwendung des Verfahrens hat auch positive Auswirkung auf den Preis des Energieträgers. Während ein Kilogramm Wasserstoff an der Tankstelle momentan 10 Euro kostet, könnte der Wasserstoff aus Biogas mit nur 5 Euro pro Liter einen wettbewerbsfähigen Preis erzielen und damit auch dem Elektrolyse-Verfahren nacheifern, welches wohl 5-12 Euro pro Liter kostet, so Hacker.
Im Weg zur kommerziellen Anwendung steht nur noch das Problem des Drucks. Dem zu Folge müssen wasserstoffbetriebene Fahrzeuge mit einem Druck von 700 Bar betankt werden. Den Wasserstoff derartig zu komprimieren ist derzeit noch teuer und aufwendig, was den Preisvorteil des neuen Verfahrens wieder zunichtemachen würden.
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