Ein Team von Wissenschaftlern hat ein 2 Millionen Jahre altes Fossil eines evolutionären Vorfahren des Menschen untersucht und dabei Entdeckungen gemacht, die die Entwicklung des Menschen weiter erklären könnte.
Issa lehrt uns Menschengeschichte durch neu entdeckte Puzzlestücke
Der genaue Ablauf, wie sich der Mensch aus einem gemeinsamen Vorläufer mit dem Affen entwickelte, ist bis heute immer noch unklar. Bekannt ist allerdings, dass der Stammbaum des Menschen wohl komplexer war als vorher angenommen. Neben verschiedenen Arten aus der Gattung „Homo“, finden Forscher immer wieder Hinweise auf sogenannte „Vormenschen“, deren Rolle in der Evolution aber oft unklar sind.
Durch einen Knochenfund aus dem Jahr 2008 kam die Wissenschaft der Frage einen Schritt näher. Das durch weitere Ausgrabungen weiter vervollständigte Skelett des Vormenschen, dem die Anthropologen den Namen Australopithecus sediba gaben, zeigt neben menschlichen Eigenschaften auch Anpassungen auf das Leben in Bäumen, die heutzutage in Affen zu finden sind. Durch die neu entdeckte Knochenteile ist das Skelett besser erhalten und vollständiger als die meisten vergleichbaren Funde. Die Anthropologen tauften ihre Entdeckung „Issa“.
Ein Menschenaffe mit aufrechtem Gang?
Mit einem kleinen Gehirn, einem vorstehenden Kiefer und anderen Merkmalen glich das Skelett eher dem der heutigen Menschenaffen. In vorherigen Studien stellten Forscher die Hypothese auf, dass Issa wohl eine gerade Wirbelsäule gehabt haben müsse, wie bei anderen Australopithecen typisch.
Die Knochen aus der unteren Wirbelsäule, die in der Nähe der ursprünglichen Fundstelle entdeckt wurden, zeichnen allerdings ein anderes Bild. „Die Lendengegend ist wichtig für das Verständnis der Zweibeinigkeit unserer frühsten Vorfahren und dafür, wie gut sie an das Leben auf zwei Beinen angepasst waren“, erklärt Hauptautor Professor Scott Williams in einer Veröffentlichung der New York University (NYU). Dabei ist der Fund dieser Knochen extrem selten. Bisher wurden nur drei vergleichbare Wirbelsäulenfragmente unserer afrikanischen Vorfahren gefunden, wie die Forscher erklären.
Mithilfe von Computerscans konnten die Wissenschaftler den Rücken des Skeletts rekonstruieren und stießen dabei auf eine Vorwärtskrümmung des Lendenbereichs, die als Lordose bezeichnet wird. Diese findet sich sonst nur im Menschen und ist eine Anpassung auf das Leben auf zwei Beinen. Issa zeigte sogar eine stärkere Krümmung als alle jemals gefundenen Australopithecinen. Nur deutlich spätere Funde des Homo erectus ähneln der menschlichen Struktur noch deutlicher.
Computerscans beweisen Ähnlichkeit zum Menschen
Doch auch andere Merkmale der Wirbelsäule sprechen für ein Mischwesen. Die nach oben gerichteten Spinalfortsätze der Wirbelsäule signalisieren eine starke Rumpfmuskulatur, die für das Klettern benötigt wird. Professor Shahed Nalla der Universität Johannesburg kombiniert in der Mitteilung des NYU: „In Verbindung mit anderen Teilen der Rumpfanatomie deutet dies darauf hin, dass Sediba deutliche Anpassungen an das Klettern bewahrt hat.“
Vorherige Studien versuchten anhand von Issa die Übergangsphase von den affenähnlichen Vorfahren zum Menschen besser zu verstehen. Um Merkmale für Klettern und Gehen zu finden, analysierten vorherige Untersuchungen die oberen und unteren Gliedmaßen sowie das Becken. „Die Wirbelsäule verbindet alles“, so Professor Cody Prang der Texas A&M in der Veröffentlichung der NYU. „Auf welche Weise diese Kombinationen aus Anpassungen bestehen blieben, darunter mögliche Anpassungen zum Laufen auf zwei Beinen und dem wirksamen Klettern auf Bäume, ist möglicherweise eine der wichtigsten offenen Fragen zum Ursprung des Menschen“, merkt Professor Prang weiter an.
„Issa ging ein bisschen wie ein Mensch, konnte aber klettern wie ein Affe“, fasst Hauptautor Lee Berger die Ergebnisse zusammen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Wirbelsäule des menschlichen Vorfahren A. sediba eine Zwischenstufe von modernen Menschen und Menschenaffen darstellt.
Link zur Studie: https://elifesciences.org/articles/70447
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