Vor 450 Millionen Jahren war die Erde noch nicht so grün, wie sie heute ist. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt siedelte sich allerdings die erste Landpflanze an und breitete sich kontinuierlich aus. Wahrscheinlich handelte es sich damals um eine frühe Form des Mooses Bärlapp, das nur ein paar Zentimeter über den Boden ragt. Mithilfe dieser Pflanze konnten Wissenschaftler das Paläoklima nun besser rekonstruieren, als es jemals zuvor möglich war – und brachten eine erstaunliche Erkenntnis ans Tageslicht: Bäume haben offenbar nicht so stark zur Reduktion von Kohlendioxid in der Atmosphäre beigetragen, wie bisher angenommen wurde. Das internationale Team von Wissenschaftlern publizierte die Ergebnisse im Fachjournal „Nature Communications“.
Neue Methode zur Berechnung von CO₂-Level
Es ist gängige Meinung, dass die Ausbreitung des Waldes der Grund dafür war, dass unsere Luft heutzutage ärmer an CO₂ und damit auch kühler ist als vor Millionen von Jahren. Der Wandel begab sich laut Experten aufgrund der tiefen Verwurzelung der Bäume, wodurch das Treibhausgas aufgrund von Bodenverwitterung in größeren Mengen gebunden würde. Doch diese Theorie scheint die Wahrheit nicht so ganz zu treffen. „Wir haben ein mechanistisches Modell für den Gasaustausch von Pflanzenblättern und der Umgebungsluft mit der ältesten Abstammungslinie von Gefäßpflanzen, dem Bärlapp, kalibriert. Mit dieser Herangehensweise konnten wir das CO₂-Level in der Luft nur mit Beobachtungen auf dem Pflanzenmaterial berechnen“, erklärt Erstautor und Geo-Biologe Tais Dahl der Universität von Kopenhagen in einer Pressemitteilung.
Die Methode besteht einerseits in der Berechnung des Verhältnisses der zwei Kohlenstoffisotopen C-12 und C-13, andererseits in der Größe und Dichte der Stomata, also der Porenlöcher der Pflanzen.
Bäume hatten geringeren Einfluss auf CO₂-Abnahme als angenommen
Die Wissenschaftler verglichen diese Parameter mit Fossilien und rezentem Bärlapp. Dafür verwendeten sie fossilisierte Exemplare, die sowohl vor und nach der Ausbreitung der Wälder lebten. „Die neue Methode für die Untersuchung von CO₂-Levels in geologischen Zeiträumen ist früheren Ansätzen überlegen“, so Co-Autor Barry Lomax. Alte Methoden würden auf der Annahme von Parametern basieren, die nicht sicher bestimmt werden konnten. Die Informationen, die fossile Pflanzen liefern können, seien hingegen lückenlos mit denen vergleichbar, die heute existieren.
Das Ergebnis war für alle Beteiligten erstaunlich: Die Temperaturen und CO₂-Level waren sowohl vor als auch nach dem Aufkommen des Waldes nur geringfügig höher als heute. So habe die Atmosphäre damals ungefähr aus 30 bis 70 Prozent mehr Kohlendioxid bestanden, was deutlich niedriger sei, als es die Wissenschaft bisher annahm. Das Forscherteam stellt zwei Vermutungen an: Einerseits, dass sich das atmosphärische Kohlendioxid primär durch das Aufkommen der Moose verringerte. Andererseits, dass Bäume über lange Zeiträume hinweg eventuell einen geringeren Einfluss auf das CO₂-Level haben, als ursprünglich gedacht.