Weltweit schrumpfen die Regenwälder der Erde. Schon vor rund einem Jahr berichtete der European Scientist über einen gefährlichen Kipppunkt, der den Amazonas in eine Savanne verwandeln könnte. Rodungen können selbst durch Aufforstungen nur bedingt ausgeglichen werden. Nur etwa die Hälfte der Bäume, die neu gepflanzt werden, überleben in diesen Gebieten.
Nun haben Wissenschaftler der University of Exeter festgestellt, dass Regenwaldbaumsämlinge in natürlichen Wäldern eine höhere Überlebenschance haben als in abgeholzten Gebieten, selbst wenn Wiederherstellungsprojekte durchgeführt wurden. Entsprechend ist die nächste Generation von Bäumen im Regenwald noch 30 Jahre nach der Abholzung bedroht.
Wissenschaftler überrascht von geringer Überlebensrate
Die Forscher überwachten über 5.000 Sämlinge in Nord-Borneo über anderthalb Jahre. Dabei untersuchten sie sowohl natürliche Wälder als auch vor 30 Jahren abgeholzte Gebiete, von denen einige sich natürlich erholten, während andere durch Methoden wie Baumpflanzungen wiederhergestellt wurden. Eine Dürre löste etwa eine „Mastfruchtung“ in der Region aus, wodurch Bäume gleichzeitig massenhaft Früchte abwarfen und neue Sämlinge auftauchten.
Anfangs hatten sowohl natürliche Wälder als auch wiederhergestellte Wälder ähnlich hohe Sämlingszahlen im Vergleich zu natürlichen Erholungswäldern, was darauf hindeutet, dass die Wiederherstellungsmaßnahmen die Fruchtproduktion verbesserten. Jedoch hielt dieser Vorteil nicht an, da die Überlebensrate der Sämlinge in den wiederhergestellten Wäldern vergleichsweise gering ausfiel. Dr. Robin Hayward, der die Forschung während seines Doktorats an der University of Stirling durchführte, äußerte sich in einer Pressemitteilung überrascht über die niedrigere Überlebensrate der Sämlinge: „Nach einer so produktiven Fruchtbildung im wiederhergestellten Wald ist es enttäuschend, dass so wenige überleben konnten – und was das für die langfristige Erholung der verschiedenen Baumarten bedeuten könnte“.
Verschiedene Gründe in komplexen Systemen
Wiederherstellung von Wäldern kann also zwar das Wachstum der Biomasse begünstigen, jedoch noch nicht die vollständige Etablierung der nächsten Generation an Sämlingen ermöglichen. Dies könnte langfristige Auswirkungen auf die Fähigkeit der Wälder haben, wichtige Ökosystemdienstleistungen wie die Kohlenstoffspeicherung zu erbringen. Der an der Studie beteiligte Biologe kommentiert: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Sämlinge in abgeholzten Wäldern unter Stress stehen. Dies könnte auf Veränderungen der Baumkronenstruktur, des Mikroklimas und des Bodens zurückzuführen sein, wobei die derzeitigen Sanierungsmaßnahmen nicht ausreichen, um diesen Stress zu beseitigen. Vor allem hochspezialisierte Arten scheinen zu kämpfen, um zu überleben, sodass die Artenvielfalt in den Gemeinschaften im Vergleich zu intakten Wäldern abnimmt“.
Die Gründe für die Schwierigkeiten der Pflanzen, neue Bäume zu bilden, kann dabei vielschichtige Gründe haben. „Regenwälder sind komplexe Systeme und es gibt viele mögliche Erklärungen für unsere Ergebnisse“, so Daisy Dent von der ETH Zürich. „Zum Beispiel könnten Tiere, die sich von Samen ernähren – wie Bartschweine -, in wiederhergestellte Waldstücke gezogen werden, um die reichlich vorhandenen Samen und Setzlinge zu fressen, anstatt in den angrenzenden, qualitativ schlechten abgeholzten Wald zu ziehen. In natürlichen Wäldern bewegen sich die Tiere möglicherweise freier und erschöpfen daher die Samenvorräte nicht auf dieselbe Weise“.
Die Studie wurde im Fachmagazin Journal Global Change Biology veröffentlicht