Wissenschaftler der University of Michigan haben ein neuartiges Konzept zu Tragwerksstrukturen vorgestellt. Ihre Inspiration erhielten sie von Origami, der außergewöhnlichen Papierfalttechnik aus Japan. Ihre Studie veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin Nature.
Faltbare Baustrukturen
Die Prinzipien der Origami-Kunst ermöglichten es den Ingenieuren, größere Materialien zu falten und in kleinen Räumen zu verstauen. Dieser Ansatz, in Verbindung mit modularen Bausystemen, setzt dabei auf Komponenten, die leicht gelagert und transportiert werden können. „Mit sowohl der Anpassungsfähigkeit als auch der Tragfähigkeit unseres Systems können wir Strukturen bauen, die im modernen Bauwesen eingesetzt werden können“, so Evgueni Filipov, Professor für Bau- und Umweltingenieurwesen sowie Maschinenbau an der University of Michigan in einer Pressemitteilung.
So kann die neu entwickelte Origami-Bauart, bekannt als das Modular and Uniformly Thick Origami-Inspired Structure System, eine etwa einen Meter hohe Säule erzeugen, die über 1,9 Tonnen Gewicht tragen kann, während sie selbst nur etwas über sieben Kilogramm wiegt. Dadurch werden vielseitige Aufbauten möglich, wie Wände oder Brücken. Zudem entwickelten die Wissenschaftler einen etwa 50 cm breiten Würfel, der sich entfalten kann, um in verschiedenen Strukturen eingesetzt zu werden, darunter eine etwa vier Meter lange Fußgängerbrücke, eine zwei Meter hohe Bushaltestelle und eine vier Meter hohe Säule.
Einheitliche Dicke der Materialien
„Wenn Menschen mit Origamikonzepten arbeiten, beginnen sie in der Regel mit der Idee von dünnen, aus Papier gefalteten Modellen – in der Annahme, dass die Materialien aus dünnem Papier sind“, erklärt der an der Forschung beteiligte Stipendiat Yi Zhu. „Um jedoch gängige Strukturen wie Brücken und Bushaltestellen mit Origami zu bauen, benötigen wir mathematische Werkzeuge, die die Dicke bei der ursprünglichen Origami-Planung direkt berücksichtigen können“.
Bisherige Versuche, die Tragfähigkeit zu erhöhen, mündeten oftmals in Konzepten, die auf gezielte Verdickungen der papierdünnen Konstruktionen an verschiedenen Stellen setzten. Das Team aus Michigan fand jedoch heraus, dass Einheitlichkeit der bessere Weg ist. „Was passiert, ist, dass man hier eine Stufe der Dicke hinzufügt und dort eine andere Stufe der Dicke, und es wird unpassend“, so Filipov. „Wenn dann die Last durch diese Komponenten getragen wird, beginnt sie sich zu verbiegen. […] Diese Gleichmäßigkeit der Bauteildicke ist der Schlüssel und das, was bei vielen aktuellen Origami-Systemen fehlt. In Verbindung mit geeigneten Verriegelungsvorrichtungen kann das Gewicht, das auf eine Struktur einwirkt, gleichmäßig auf die gesamte Struktur übertragen werden“.
Die Wissenschaftler hoffen nun auf eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten für den Bau und die Katastrophenhilfe. So könnten Gemeinden Einrichtungen und Systeme, die bei Naturkatastrophen beschädigt oder zerstört wurden, schnell wieder aufbauen. Weiterentwickelte Trägersysteme könnten sogar im Weltraum zum Einsatz kommen.
Bild von Miguel Á. Padriñán auf Pixabay