
Nicht nur Elon Musk träumt vom Mars als den nächsten Planeten, den die Menschheit erobern soll. Während technologisch eine solche Reise wohl schon bald möglich wäre, so liegt einer der größten Risikofaktoren einer Marsmission an der Natur des Menschen selbst. Nun hat die ESA untersucht, welche Auswirkungen die mehrmonatige Reise zum Nachbarplaneten der Erde auf das menschliche Gehirn haben würde.
Gehirn verändert sich deutlich
So gilt es mittlerweile als erwiesen, dass sich das Gehirn an die Umgebungen im Weltall, insbesondere die Schwerkraft, anpassen würde. Wie die Forscher im Fachmagazin „Frontiers in Neural Circuits“ berichten, führt das Gehirn im Weltall bei einem längeren Aufenthalt eine Art Neustart durch, um sich an die Bedingungen anzupassen. „Wir fanden Veränderungen in den neuronalen Verbindungen zwischen mehreren motorischen Bereichen des Gehirns“, so Mitautor Andrei Doroshnin von der Drexel Universität in den USA laut einer Pressemitteilung. „Das Gehirn wird sozusagen neu verdrahtet“. Dies habe Einfluss auf die Kommunikation der Nervenzellen und die gesamte Vernetzung der Hirnregionen.
Vorherige Studien haben lediglich bestimmen können, dass bestimmte Gehirnareale bei längerer Zeit im All ihre Größe verändern. Die neuen Studienergebnisse liefern nun wesentlich detailliertere Einblicke. Mittels moderner Traktografie scannten die Wissenschaftler die Gehirne von zwölf männlichen ISS-Astronauten und verglichen die Ergebnisse vor und nach ihrem Ausflug in die Schwerelosigkeit. Die Technologie ermöglichte auch dank der Verwendung eines sogenannten Diffusion-MRTs eine Darstellung der Gehirne in 3D, die auch die Nervenbahnen umfasste.
Etwa ein halbes Jahr verbrachten die Astronauten auf der ISS. Im Durchschnitt waren es 172 Tage. Die Forscher wollten dabei auch wissen, inwiefern sich das Gehirn auf der Erde dann wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Und so folgten acht weitere Scans des Gehirns. Selbst sieben Monate nach der Rückreise waren die Veränderungen nach wie vor festzustellen.
Hohlräume dehnen sich aus und zwingen das Gehirn zur Neuvernetzung
Die Anpassung des Gehirns sei in erster Linie physikalischem Ursprung. Schließlich sorgt die fehlende Schwerkraft im Weltraum dafür, dass sich die Kammern des Hirnbalkens, die in der Regel mit Flüssigkeit gefüllt sind, ausdehnt. Hier liegt die zentrale Nervenverbindung beider Hirnhälften. In dem sogenannten Corpus Callosum befinden sich rund 250 Millionen Nervenfasern. Die Veränderung des Balkens wird in erster Linie dadurch ausgelöst, dass sich die sogenannten Hirnventrikel, Hohlräume im Inneren des Organs, zuerst ausdehnen.
Durch die Veränderungen muss sich das Gehirn neue Wege suchen, um die Gehirnhälften miteinander kommunizieren zu lassen. Dies gelingt offenbar, jedoch schlagen die Wissenschaftler vor, dass man sich in Zukunft bei zurückkehrenden Astronauten nicht mehr ausschließlich auf eine Regeneration der Muskeln und Knochen fokussieren, sondern auch ein ausgeklügeltes Gehirntraining anwenden solle, dass die Belastung des Denkorgans wieder relativieren kann. Dies könnte auch zukünftigen Marsreisenden auf ihren Missionen zugutekommen.