Es ist ein altbekannter Anblick: Ein Kind tobt an der Supermarktkasse, um ein Stück Schokolade zu ergattern. Diese Wutanfälle können für alle Beteiligten sehr zehrend sein – weshalb viele Eltern schon einmal zur Beruhigung des Kinds das Smartphone oder Tablet zücken. Wenn man diese Maßnahme allerdings zu oft ergreift, dann könnte sie laut einer neuen Studie von der University of Michigan langfristig das Gegenteil bewirken. Die Untersuchung hat gezeigt, dass Kinder zwischen drei und fünf Jahren, die oft mit elektronischen Geräten beruhigt werden, Probleme bei der Selbstregulierung von starken Emotionen haben. Die Ergebnisse wurden im Dezember dieses Jahres im Journal „Jama Pediatrics“ veröffentlicht.
Kinder mit emotionalen Problemen stärker betroffen
Die Studie wurde mit 422 Elternteilen und ihren Kindern durchgeführt. Die Wissenschaftler analysierten die Häufigkeit des Einsatzes von Smartphone und Tablet als Beruhigungsmaßnahme innerhalb von sechs Monaten. Gleichzeitig standen auch die emotionale Reaktivität und Selbstregulation des Kinds im Fokus.
Eine Korrelation zwischen schlechter Selbstregulierung und der häufigen Beruhigung durch elektronische Geräte war erkennbar. Diese mache sich durch Stimmungsschwankungen oder sehr hoher Impulsivität bemerkbar. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Nutzen von elektronischen Geräten zur Besänftigung vorwiegend für die Kinder problematisch sein kann, die schon zuvor Probleme mit der Bewältigung von Emotionen hatten“, erklärt die Erstautorin Jenny Radesky in einer Pressemitteilung.
Selbstregulierung wird nicht erlernt
Die Pädagogin sei sich allerdings im Klaren darüber, warum viele Eltern zu dieser Strategie greifen. „Es kommt zu einer sofortigen Erleichterung für die Bezugsperson, wenn die anstrengenden Verhaltensweisen von Kindern durch die Nutzung der Geräte reduziert werden“, so Radesky. „Das fühlt sich sowohl für die Kinder als auch für die Eltern sehr befriedigend an und motiviert dazu, den Kreislauf beizubehalten“.
Das große Problem sei jedoch, dass die Kinder auf diese Weise die Selbstregulierung nicht erlernen. Wenn sie bei jedem Wutanfall ein Smartphone in die Hand bekommen, erhielten sie sofortige Ablenkung. Dabei würden sie allerdings keine anderen Bewältigungsstrategien erlernen, die gesünder für Körper und Geist sein können. Das Problem könne in der Folge ihr ganzes Leben erhalten bleiben.
Emotionen anders regulieren
Doch wie kann man als Betreuungsperson handeln, wenn man ein tobendes Kind beruhigen will? Die Wissenschaftler haben auch darauf Antworten. Ein Elternteil bemerkt normalerweise schnell, ob ein Kind nervös ist und sich ein Wutanfall ankündigt. In diesen Momenten sollte man präventiv handeln.
Sport sei für viele Kinder zur Beruhigung Gold wert. Doch je nach Charakter könne auch Musikhören, eine Umarmung oder ein Buch mit Bildern Abhilfe schaffen. Falls es trotzdem zu überschäumenden Emotionen kommen sollte, könne man dem Kind ein „Ersatzverhalten“ anbieten: Statt des Arms darf es dann gern ein Kissen schlagen.
Bild von Mirko Sajkov auf Pixabay, Artikel von Anna Mikulics