Wie viele Touristen, die bereits einen Tag am Strand von Mallorca genossen, sind hier wohl schon unwissentlich darüber hinweggeschwommen? Nun wurden Archäologen mit einem einzigartigen Anblick verwöhnt, als ein römisches Boot, das vor fast 1.700 Jahren gesunken war, nur 2 Meter unter der Oberfläche entdeckt wurde. Das Boot, von dem man annimmt, dass es Fracht von Spanien nach Italien transportierte, wurde zufällig von der Natur wieder sichtbar gemacht, die nach heftigen Stürmen Teile des Schiffs freilegte.
Ein Schiff für Feinschmecker
Das Boot, beladen mit Hunderten von Amphoren mit Wein, Oliven, Öl und Garum – der fermentierten Fischsauce, die als Delikatesse der antiken Küche gilt – kenterte während eines Zwischenstopps auf Mallorca vor rund 1.700 Jahren. Das Handelsschiff, das wahrscheinlich auf dem Weg von Südwestspanien nach Italien in der Bucht von Palma vor Anker lag, wurde damals jedenfalls recht schnell vom Meer verschluckt und im weichen Sand des Meeresbodens begraben.
Obwohl es nur 2 Meter unter der Wasseroberfläche begraben wurde – und dies an einem der belebtesten Strände der Balearen -, ist ihr Versteck seither auf wundersame Weise geheim geblieben. Doch das Wrack der Ses Fontanelles gibt nun endlich Geheimnisse preis, eine Sensation für Archäologen und Historiker.
Das 12 Meter lange und zwischen 5 und 6 Meter breite Boot wurde vor drei Jahren entdeckt, nachdem ein Sommersturm die Gewässer der Bucht aufgewühlt hatte. Gerüchten von Tauchern aus den 1950er Jahren haben schon lange Hinweise auf einen versunkenen Schatz gegeben. Diese wurden nun durch das Auftauchen des Bootes bestätigt. Der Consell de Mallorca hat daraufhin Maßnahmen zur Bergung ergriffen.
Tongefäße trugen noch Inschriften
Die Inselregierung und Spezialisten von drei spanischen Universitäten auf den Balearen, in Barcelona und Cádiz haben etwa 300 Amphoren und andere Gegenstände geborgen. Diese sollen Aufschluss über das Mittelmeer des vierten Jahrhunderts n. Chr. und das tägliche Leben der Besatzung geben. Im Rahmen der Ausgrabung wurden ein Lederschuh, ein Seilschuh, ein Kochtopf, eine Öllampe und ein römischer Zimmermannsbohrer ausgegraben. Dabei trugen die Tongefäße noch immer ihre gemalten Inschriften oder tituli picti.
„Wir wollen alles retten, was sich dort befindet, einschließlich aller Informationen, die es enthält, und das kann nicht mit einer einzigen Rettungsaktion erreicht werden“, erklärt Jaume Cardel, der Leiter der archäologischen Abteilung der Insel laut the Guardian
„Hier setzt das Projekt Arqueomallornauta an: Es geht darum, sowohl das Schiff als auch seine historische Ladung zu bergen und zu archivieren. Das ist nicht nur ein mallorquinisches Problem; es gibt nur wenige Wracks mit einer so ungewöhnlichen Ladung im gesamten westlichen Mittelmeer.“
Arqueomallornauta nennt sich das offiziell einberufene Einsatzteam aus Archäologen und Marine-Experten, die den Fund im Zeitraum von drei Jahren bergen sollen.
Sand schützte Wrack vor der Zerstörung
Die Archäologen waren nach eigenen Augen erstaunt, wie effektiv der Sand der Bucht das Wrack vom Sauerstoff abgeschottet und seine organischen Bestandteile intakt gehalten hatte. „Wir haben Stoffstücke, einen Lederschuh und eine Espadrille entdeckt“, sagt Dr. Miguel Angel Cau, Archäologe an der Universität von Barcelona.
„Das ist einer dieser Funde, bei denen Sie so sehr lachen müssen, weil Sie es nicht glauben können“, fügt Cau hinzu. „So etwas passiert einem nur einmal in seiner akademischen Laufbahn. So etwas werden wir nie wieder finden, und das macht es so einzigartig“.
Bildquelle: Arqueomallornauta – Consell de Mallorca, Universitat de Barcelona, Universidad de Cádiz, Universitat de les Illes Balears