
Im Kampf gegen eine wachsende Bedrohung der globalen Gesundheit gibt es einen Hoffnungsschimmer.
Neue Zahlen aus dem Bericht State of the World’s Animal Health zeigen, dass der Einsatz von antimikrobiellen Mitteln, einschließlich Antibiotika, bei Tieren weltweit um fünf Prozent zurückgegangen ist – ein entscheidender Schritt zur Eindämmung der arzneimittelresistenten Bakterien, bekannt als antimikrobielle Resistenz (AMR).
Dennoch bleibt AMR eine erhebliche Bedrohung für die Tier- und Menschengesundheit. Wenn sie nicht eingedämmt wird, könnten in den kommenden Jahrzehnten Millionen Menschenleben verloren gehen, die Ernährungssicherheit von über zwei Milliarden Menschen gefährdet werden, und die Übertragung resistenter Krankheitserreger von Nutztieren auf den Menschen könnte bis 2050 kumulierte globale BIP-Verluste von bis zu 5,2 Billionen US-Dollar verursachen.
Dieser aktuelle Bericht zeigt, wo Fortschritte möglich sind, um die „stille Pandemie“ der Arzneimittelresistenz zu bekämpfen. Doch Länder müssen jetzt handeln, um die Tiergesundheit zu verbessern – beginnend mit der schrittweisen Abschaffung von Antibiotika zur Wachstumsförderung.
Während internationale Organisationen auf einen neuen Globalen Aktionsplan zur AMR für 2026 hinarbeiten, sollten Länder aktiv Ressourcen in die Vorbeugung von Tierkrankheiten investieren – als Investition in ihre zukünftige öffentliche Gesundheit, Ernährungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität.
Trotz des allgemeinen Rückgangs gibt es nach wie vor Verbesserungspotenzial beim Abbau des übermäßigen und unsachgemäßen Einsatzes von antimikrobiellen Mitteln in der Veterinär- wie in der Humanmedizin weltweit. Diese Praktiken gefährden die Fortschritte im Kampf gegen AMR.
In der Veterinärmedizin beispielsweise werden in einigen Ländern antimikrobielle Mittel ohne ärztliches Rezept „über die Ladentheke“ verkauft. In anderen Ländern werden sie weiterhin als Wachstumsförderer eingesetzt, indem sie dem Futter oder Trinkwasser zugesetzt werden, um die Gewichtszunahme zu beschleunigen und die Futterverwertung zu verbessern. Diese ständige Exposition gegenüber niedrigen Antibiotikadosen fördert mit der Zeit die Entwicklung resistenter Bakterien und erhöht somit das Risiko von AMR. Trotz der ablehnenden Haltung der WOAH berichten über 20 % der Länder, dass sie diese Praxis weiterhin anwenden.
Besonders besorgniserregend ist der Einsatz von Antibiotika der „letzten Reserve“ – wie Colistin, Enrofloxacin und Fosfomycin –, die bei der Behandlung schwerer oder multiresistenter Infektionen beim Menschen, etwa Lungenentzündungen, lebenswichtig sind. Andere tiergesundheitliche Maßnahmen wie Biosicherheit, gute Ernährung, Entwurmung und Impfungen können jedoch ebenfalls eine gesunde Entwicklung unterstützen, sodass Landwirt:innen keine Antibiotika zu diesem Zweck einsetzen müssen.
Antibiotika werden auch häufig bei Tieren mit Virusinfektionen verabreicht – obwohl Antibiotika nur gegen Bakterien wirken und bei Viren unwirksam sind. Sie helfen somit weder bei der Heilung der Krankheit noch bei der Genesung der Tiere. Dieser unnötige Einsatz erhöht die Wahrscheinlichkeit resistenter Bakterien, ohne die tatsächliche Krankheit zu behandeln.
Die entscheidende Frage lautet nun: Wie können wir den Abwärtstrend beim Einsatz antimikrobieller Mittel fortsetzen und gleichzeitig der weltweit steigenden Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln gerecht werden?
Die Antwort liegt in besserer Tiergesundheit. Investitionen in die Vorbeugung von Tierkrankheiten – durch Biosicherheitsmaßnahmen und Impfungen – verringern den Bedarf an Antibiotika von vornherein. Dies schützt wiederum die menschliche Gesundheit und erhält die Wirksamkeit lebensrettender Medikamente.
Durch die Vorbeugung viraler Erkrankungen helfen verbesserte Biosicherheit und gezielte Impfungen den Landwirt:innen, Fehldiagnosen und den unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika zu vermeiden. Dadurch bleibt deren Wirksamkeit bei bakteriellen Infektionen erhalten, und das AMR-Risiko sinkt. Gleichzeitig verringert eine allgemein bessere Tiergesundheit die Belastung der Gesundheitssysteme und die Kosten für Krankheitsausbrüche – wodurch Mittel für andere gesundheitsfördernde Maßnahmen freigesetzt werden.
Gesunde Tiere erreichen außerdem ihr volles Wachstumspotenzial – was die Notwendigkeit verringert, Antibiotika als Wachstumsförderer einzusetzen. Gute Tierhaltung mit ausgewogener Ernährung, sauberem Wasser, Hygiene, Biosicherheit, geeigneter Unterbringung und Impfungen ermöglicht es, Tiere ohne riskante Abkürzungen gesund großzuziehen.
Darüber hinaus bieten Investitionen in präzise Antibiotikagabeverfahren einen gezielten und effektiven Weg, den tiergesundheitlichen Bedarf zu decken. Neue Technologien wie Mikroverkapselung ermöglichen eine präzise Abgabe von Nährstoffen oder Therapeutika direkt, wodurch der Einsatz von Breitbandantibiotika – und somit das Risiko von AMR – reduziert wird. Innovationsbemühungen wie jene in den STAR-IDAZ-Plänen (1) konzentrieren sich zudem auf Alternativen zu antimikrobiellen Mitteln, darunter Immunmodulatoren, Bakteriophagen und Probiotika. Fortschritte bei Schnelltests und Antibiotikaresistenzprüfungen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle, um einen genaueren und verantwortungsvolleren Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin zu ermöglichen.
Angesichts der weltweit steigenden Nachfrage nach Fleisch, Milch und Eiern – die bis 2050 global um 38 % (2) und in manchen Regionen um bis zu 300 % (3) zunehmen könnte – ist es dringender denn je, falsche Praktiken beim Antibiotikaeinsatz zu korrigieren. Mit steigender Nachfrage wächst auch der Druck, schneller mehr Tiere zu produzieren – was oft zu einem erhöhten Antibiotikaeinsatz zur Krankheitsvorbeugung in beengten Haltungsbedingungen oder zur Wachstumsförderung führt.
Die jüngste Erklärung der UN-Generalversammlung zur AMR (4) unterstreicht die Bedrohung, die sie für die öffentliche Gesundheit, Ernährungssysteme und Volkswirtschaften darstellt.
Doch um diese anerkannte Gefahr in konkretes Handeln zu überführen und der globalen Dringlichkeit gerecht zu werden, wie sie in der Erklärung betont wurde, müssen Länder Verbesserungen der Tiergesundheit zur Priorität machen.
Dies beginnt mit einer starken, gut finanzierten Tiergesundheitsinfrastruktur, durchdachten Impfprogrammen und konsequenten Biosicherheitsplänen. Denn gesunde Tiere brauchen keine Antibiotika – und ohne den Missbrauch von Antibiotika ist die Arzneimittelresistenz keine Bedrohung mehr für die globale Gesundheit.
(1) https://www.star-idaz.net/priority-topic/amr-and-innovative-alternatives-to-antibiotics/%23reports
(2) https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378021001229
(4) https://press.un.org/en/2024/ga12642.doc.htm
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